Joseph Süß Oppenheimer
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am 06.06.2013 um 22:31 (3248 Hits)
Muß Uli Hoeneß Steuern bezahlen?
Darf Philipp Rösler Deutschland im Ausland repräsentieren?
Darf die Europäische Zentralbank billiges Geld vergeben, um den Euro zu retten?
Was haben diese Fragen mit einem 275 Jahren alten Justizmord zu tun? - Die Antwort findet sich im Theaterstück "Der Kaufmann von Stuttgart" von Joshua Sobol, das zur Zeit im alten Schauspielhaus in Stuttgart aufgeführt wird (leider ausverkauft, Wiederaufnahme im September).
Joseph Süß Oppenheimer steigt in unglaublich kurzer Zeit zum Berater des Herzogs von Württemberg auf. Sein Judentum steht für ihn im Hintergrund - "ich bin weder Christ noch Jude. Ich bin ein freidenkender Mensch".
Seine Ziele sind ein modernes Württemberg, in dem auch der Adel Steuern zahlen muß. Um den Krieg des Herzogs gegen Frankreich zu finanzieren, verringert Oppenheimer den Goldanteil in den Münzen - eine alte Form der Inflation. Der Adel stellt sich gegen den Emporkömmling, die Kirche hetzt gegen den Andersgläubigen. Obwohl Oppenheimer mit seinen Reformen vor allem das einfache Volk im Fokus hat, findet er dort keinen Rückhalt - das Volk versteht seine guten Absichten nicht und läßt sich von der Kirche und vom Adel indoktrinieren.
Zu Lebzeiten des Herzogs muß Oppenheimer nichts befürchten. Doch nach dem plötzlichen Tod Karl Alexander 1737 wird Oppenheimer verhaftet. 8 von 9 Anklagepunkten müssen fallen gelassen werden - aber für den 9. Anklagepunkt wird er zum Tod verurteilt - er hatte mit einer Christin geschlafen.
Am 4. Februar 1738 wird Joseph Süß Oppenheimer auf dem Stuttgarter Galgenberg gehängt, 12000 Stuttgarter wohnen diesem Spektakel bei. 200 Jahre später werden am Nordbahnhof - unweit vom Galgenberg - Juden in Lager deportiert.
Ich habe im alten Schauspielhaus ein ergreifendes, tiefsinniges und packendes Theaterstück gesehen. Die Inszenierung ist stimmig und temporeich. Für mich ein sehr lohnender Abend. Ein Theaterstück, das man gesehen haben muß
Die Stadt Stuttgart hat zu Ehren Oppenheimers einen Platz benannt. Besuchern des Dreifarbenhauses dürfte dieses Straßenschild bekannt sein: