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Der Blog vom Hurenbock

Escort

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Udo sitzt nun seit einer halben Stunde in der Raucherlunge eines Hotels in einem wirklich bequemen und sehr breiten Clubsessel. Er trägt blank geputzte Budapester, gepflegte Jeans, ein weisses Hemd und eine graue Weste mit Einstecktuch. In seiner rechten Hand liegt ein Zippo, mit dem er beiläufig spielt, ohne es allerdings zu zünden. In seiner Linken hält er ein schweres Glas, gefüllt mit sehr altem irischem Whiskey, Typ „alter, geräucherte Indianer“. Die Flüssigkeit gleitet zwischen den Glasrändern seine gemächlichen Handbewegungen hin und her. Udo betrachtet die Spiegelungen des gedämpften Lichts in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit und befindet, dass die farblich ganz gut zum Rest der holzvertäfelten Einrichtung passen. Wobei sicher auch ein grüner Smoothie sicher auch zum grünen Teppichboden gepasst hätte. Doch zum einen würde Udo niemals einen Drink passend zu Farbe eines Teppichbodens auswählen, das an sich entzieht sich schon seiner Vorstellungskraft. Zum anderen, wer zieht denn gequirlte Küchenabfälle einem destillierten Indianer vor?

Beiläufig schwenkt sein Blick über seine glänzenden Schuhspitzen zu der jungen Kellnerin, die sich gerade bückt um einen dieser kleinen Loungetische abzuräumen. Wie alt mag die wohl sein? Wenn überhaupt zwanzig, ziemlich wahrscheinlich noch in der Ausbildung. Und so, wie sie sich eben bückt, ist sie sich ihrer Wirkung sehr bewußt. Nicht direkt augenfällig, eher dezent und unaufdringlich , aber forsch genug um in diesem Raum diesen erotischen Charme junger Frauen zu versprühen, der ältere Männer an die Zeiten erinnert als sie selbst noch unverdorbenen Sex hatten. Udo kennt das. Alles Illussion. Unverdorbener Sex, das hatte er als junger Kerl, wenn er in seinen jungen Jahren überhaupt welchen hatte. Und heute, dreißig Jahre später? Nein, unverdorbenen Sex auf der Blumenwiese, das will und das kann er sich überhaupt nicht vorstellen. Genauso, wie er sich Sex mit jungen und unverdorbenen Frauen vorstellen will. Zu junge Frauen machen ältere Männer zu sehr alten Männern. Zu großer Abstand. körperlich und mental. So was erinnert ihn an seine eigene Vergänglichkeit. Darüber nachzudenken bereit ihm keine Freude, also lässt er das. Genauso wie er eben auch keine gequirlten Küchenabfälle trinken möchte. Er gestattet sich nicht überhaupt darüber nachzudenken, oder überhaupt junge Frauen anzugraben. Einfach lächerlich. Gut, er grenzt das nun in seiner Gedankenwelt ein wenig ein. „Zu junge“ Frauen. Ein wenig relativieren, das gestattet er sich dann.

Mit einem leichten innerlichen Grinsen, dem er nicht gestattet seine Mundwinkel zu bewegen, bemerkt er, dass wohl auch der Rest der anwesenden Männer die Reize der jungen Dame bemerkt haben. Die meisten der im Raum anwesenden Herren sind irgendwo in seinem Alter, ein paar etwas darüber, ein paar etwas darunter. Ausnahmslos tragen sie in ihren Gesichtern die Bürde von Hypotheken, studierender Kinder und anspruchsvoller Ehefrauen. Ihre Bäuche zeigen die Spuren zu vieler Geschäftsessen und mangelnder körperlicher Bewegung. Zweifellos, Udo gehört da nicht dazu. Er ist da in jeder Beziehung anders. Keine Hypotheken, keine Frau, keine Kinder und auch keine Genußmitteldeformation in der Leibesmitte. Für sein Alter ist er noch echt gut in Schuß. Bei diesem Gedanken gestattet er seinen Mundwinkeln ein kurzes, aber breites, vor allem ehrliches Grinsen. Die wenigen anwesenden Frauen weichen von Ihren männlichen Pendants weniger im allgemein vorhandenen Business-Look ab. Eher zeigen sie in Ihren Gesichtszügen die Qualen bei besagten Geschäftsessen offensichtlich ausnahmslos Salat essen zu wollen und sich regelmäßig in Fitnesstudios zu quälen. Manche mit mehr, manche mit weniger Erfolg. Bei einigen kann er sich durchaus vorstellen, daß sie gequirlte Küchenabfälle mit mehr oder weniger Genuß zu sich nehmen. Echte Freude strahlt in diesem Raum für ihn niemand aus.

Udo stellt sein Glas auf den niedrigen Tisch vor ihm, entnimmt einem silberfarbenen Zigarettenetui ein Filterzigarette, entlockt mit einer geübten Bewegung seiner Rechten dem Zippo eine kleine Flamme und zündet sich die Zigarette an. Kleine Rauchringe entweichen ihm, die sich sogleich im Luftzug der Belüftung in kleine Wölkchen auflösen. Udo schaut auf seine Uhr, Viertel vor Acht, abends. Da seine Lieblingsuhr etwa fünf Minuten nachgeht, ist er sich dessen bewußt noch gut zehn Minuten Zeit zu haben. Acht Uhr haben Sie vereinbart, heute früh. In einer Pause einer dieser ewig langwierigen Besprechungen, die am Ende doch nie auf den Punkt kommen. Udo hasst diese studierten Langweiler, denen es an Praxis und Pragmatismus mangelt. Acht Semester Power Point und langweilige Krawatten. Kernkompetenz reiner Infalitäten. Einer der Gründe warum er sich gestattet, sich die Hemdsärmel in diesen Besprechungen umzukrempeln. Einfach nur um sich abzugrenzen. Er wußte, dass sich der Tag nur ertragen lässt, wenn er sich auf etwas freuen kann und hat sich in einer dieser Kaffeepausen zurückgezogen, um einen Escort Service anzurufen. Udo hat ausführlich seine optischen Vorlieben geschildert, seine sexuellen Präferenzen und den gewünschten Zeitraum benannt. Die Dame am anderen Ende der Leitung war kompetent, höflich und zuvorkommend und hat ihm versichert, dass ihn eine passende Dame besuchen würde. Dazu hatte sie ihm auch die Höhe des passenden Honorars genannt, das er mit dem Gedanken: „Zur Hölle, was soll’s... deswegen nennt ihr euch auch City-Premium-Escort“ zur Kenntnis nahm. Endlich mal mit Profis arbeiten.

Nicht, dass Udo nun Schwierigkeiten hätte sich hier, oder in einer anderen Bar, die Zeit zu vertreiben. Wenn er will, kann er durchaus eloquent und charmant sein. Wenn er es darauf anlegt, kann er regelrecht unterhaltsam und witzig sein. Nur haßt Udo solcherlei belanglose Smalltalkrunden mehr als unrasierte Frauenbeine. Ein Niveau, auf das er sich freiwillig nur bewegen begeben würde, wenn ihm statt dessen ein Erschießungskommando drohte. Udo schätzt an Profis, dass sie ehrlich bestrebt sind gute Arbeit zu leisten. Dabei zuvorkommend, höflich und verbindlich bleiben. An guten Escorts schätzt er vor allem, dass sie pünktlich kommen und auch wieder pünktlich gehen. Keine Liebesschwüre, keine verlogenen Komplimente, nichts von alldem was das Leben unnötig kompliziert macht, wenn es nicht ehrlich gemeint ist. Und da ein gutes Escort für viel Geld vor allem eine Illusion verkauft, warum soll er sich nun darüber noch Gedanken machen? Udo freut sich auf eine Illusion, einfach weil er sich das leisten kann. Nicht unbedingt aus finanziellen Gründen. Wenn dem so wäre, würde er das sicher nicht tun. Udo betrachtet sein Leben eher nüchtern. Ihm ist die gekaufte Illussion lieber, als eine die er für das wahrhafte Leben halten würde.

Und siehe da, sie erscheint! Genau so, wie sie von der Dame des City-Premium-Escort beschrieben hatte. Ganz großer Auftritt. Sie schreitet aufrecht, mit strahlendem Lächeln auf ihn zu. Lange Beine, schmale Taille, passende Oberweite und dezent geschminkt. Sie trägt elegante Pumps und eine weiße Bluse. Und wenn sie seine Wünsche beherzigt hat, trägt sie weder Unterwäsche noch Büstenhalter. Udo liebt Profis!

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